Noch nie waren so viele Menschen auf der Flucht. So zählte das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) Ende des Jahres 2016 65,6 Millionen Menschen, die ihre Heimat verloren haben. Mehr als die Hälfte kommt aus Syrien, Afghanistan und dem Südsudan – sie stehen zwischen den Fronten zahlreicher Nationen, die auch mit deutschen Waffen beliefert werden.
„Wir müssen die Fluchtursachen bekämpfen, damit sich die Zahl der Flüchtlinge verringert“, erklärt Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einem Staatsbesuch im westafrikanischen Niger – einer der Drehscheiben für Menschen mit Ziel Europa. 17 Millionen Euro stellt Deutschland dem Land dafür 2017 zur Verfügung. Was Merkel verschweigt: Mit Geldern wie diesen werden die Länder Afrikas auf Linie gebracht. Denn die Europäische Union presst ihnen gleichzeitig die Zustimmung zu Freihandelsabkommen ab – ein Verrat an den öffentlich gepredigten Zielen der Kanzlerin.
„Europa erzeugt seine Flüchtlinge selbst. Denn gerade gegen seine hoch subventionierten Agrarfirmen haben lokale Produzenten keine Chance, sie gehen pleite“, erklärt der nigerianische Ökonomin Hafsat Abiola-Costello. „Dadurch steigen die Armut und der Migrationsdruck.“ Doch nicht nur materielle Not zwingt Menschen zur Flucht, häufiger ist es militärische Gewalt – und wieder hat die deutsche Politik ihre Finger im Spiel.
Selbstverschuldete Opfer-Flut?
Denn die heimische Rüstungsindustrie ist ein gewaltiger Wirtschaftsfaktor, wenn auch der am meisten reglementierte. Das Kriegswaffenkontrollgesetz verbietet zwar den Export von Waffen in Konfliktgebiete, die Praxis sieht aber anders aus: Mit Zustimmung von Bundesregierung und Bundeskanzlerin Merkel wurden allein im ersten Halbjahr 2016 Exporte für mehr als vier Milliarden Euro genehmigt, doch gleich fünf der wichtigsten zehn Importländer liegen in Spannungsregionen.
Gerade die aktuelle Nr. 3, Saudi-Arabien, unterstützt dschihadistische Gruppen weltweit – auch in Syrien, dem Herkunftsland vieler Flüchtlinge. Ein bedauerlicher Irrtum? Nein, ein Verrat an deutschen Gesetzen: Denn Saudi-Arabien erhält offiziell nur Waffen mit „defensivem“ Charakter bzw. mit Auflagen für den Einsatz. Doch wie sehr hält sich dieser Großkunde Deutschlands, der einen Krieg im Nachbarland Jemen führt, an deutsche Auflagen?
In einem Jahr starben nach UN-Angaben mehr als 3.000 Zivilisten durch Luftangriffe einer von Saudi-Arabien geführten Allianz – nachweislich auch mit Bomben aus deutscher Produktion, deren Lieferweg über Tochterfirmen verschleiert wird. Über eine Million Asylsuchende in Deutschland sind teils ein hausgemachtes Problem, so Bernd Riexinger von den Linken: „Wer bedenkenlos immer mehr Waffen in alle Welt verkauft, darf nicht über die steigenden Flüchtlingszahlen klagen oder ernsthaft über die Bekämpfung von Fluchtursachen reden.“