Polizeikontrollen
Die Kontrollen können jeden treffen: Die Polizisten halten Passanten an, durchwühlen Taschen, prüfen die Identität. Sie brauchen keinen Anlass, keinen Verdachtsmoment. Zu Dutzenden patrouillieren sie in Kampfmontur und mit Schlagstöcken in den Händen durch ein Gebiet, die Visiere ihrer Helme sind unten. Wer sich widersetzt, wird zu Boden geworfen, kann in Gewahrsam genommen werden. Das ist kein Zukunftsszenario, das findet nicht in der Ukraine oder in einem gefährlichen Stadtteil in Mexico City statt, sondern war Anfang 2014 in Hamburg Realität. Nach Ausschreitungen in der Hansestadt erklärt der Hamburger Senat einige Stadtteile zum Gefahrengebiet.
Pulverfass Europa
Nach knapp zwei Wochen war der Spuk in Hamburg zwar wieder vorbei. Doch in Regierungskreisen werden bereits Szenarien diskutiert, die sogar den militärischen Einsatz von Soldaten der Bundeswehr im Inneren vorsehen. Anlass ist ein Dokument, dessen Veröffentlichung die Regierungen in der EU am liebsten verboten hätten: Im Mai 2013 erstellt ein Expertenteam des US-Nachrichtendienstes Stratfor ein Dossier, das eine Prognose über die zukünftige Lage in Europa erstellt. Demnach sei in einigen EU-Ländern das Risiko für bürgerkriegsähnliche Zustände um bis zu 20 Prozent gestiegen. Als Ursachen für die erhöhte Gefahr eines Bürgerkriegs gelten die gestiegene Arbeitslosigkeit, die Sparpolitik der Regierungen sowie die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich. All diese Faktoren machten Europa zu einem Pulverfass, das jederzeit hochgehen könne, warnen auch Experten der EU.
Militäreinsatz
Wie demokratische Staaten reagieren und welche Pläne es gibt, sollte die Polizei die Lage nicht unter Kontrolle haben, darüber geben die Regierungen keine Auskunft. Doch in den USA z. B. wurden Teile eines Geheimdossiers veröffentlicht, die belegen, dass nicht nur Diktaturen, sondern auch Demokratien eine militärische Option in diesem Fall nicht ausschließen. So steht in den Dokumenten unter Punkt CONPLAN 3502: „Im Falle von sozialen Unruhen ist der US-Kongress bevollmächtigt, das Militär gegen die Bevölkerung auf den Straßen einzusetzen.“ Und Deutschland? Erst im August 2012 hat das Bundesverfassungsgericht den Einsatz der Bundeswehr in „Ausnahmesituationen katastrophischen Ausmaßes“ erlaubt. Aber welche Ausnahmesituationen dies genau sind, wird nirgends definiert.
UFOs in Deutschland
Seit Jahrzehnten lauten die Antworten der Bundesregierung auf die Frage nach Geheimprojekten zur Ufo-Forschung: „Nein“ oder „Kein Kommentar!“ So antwortete beispielsweise der damalige Parlamentarische Staatssekretär Peter Altmaier (CDU) im Jahr 2008 auf eine Anfrage eines Bundestagsabgeordneten, dass „der Bundesregierung keine Erkenntnisse über Sichtungen sogenannter UFOs in Deutschland vorliegen und dass keine Akten zu Sichtungen von UFOs oder Außerirdischen vorhanden sind“. 2011 jedoch kam heraus: Es existiert ein Ufo-Dossier der Bundesregierung. Ebenso gibt es ein Dossier des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags mit dem Titel „Die Suche nach außerirdischem Leben und die Umsetzung der VN-Resolution A/33/426 zur Beobachtung unidentifizierter Flugobjekte und extraterrestrischen Lebens“. Allerdings bleiben diese Dokumente bis auf weiteres unter Verschluss. Nur, was will die Bundesregierung verbergen? Was das Parlament? Welches verbotene Wissen steht in den Dossiers?
staatliche Organisation
Um diese Fragen zu beantworten, muss man nur einen Blick auf die Nachbarstaaten werfen. So betreibt zum Beispiel Frankreich eine staatliche Organisation, die sich offiziell und auf wissenschaftlicher Basis mit der Dokumentation und der Erforschung von unidentifizierten Flugobjekten beschäftigt: Die GEIPAN (Groupe d’Etudes et d’Information sur les Phénomènes Aérospatiaux Non identifiés) untersteht direkt dem französischen Nationalen Zentrum für Raumfahrtstudien (CNES). Die Organisation kommt zu dem Ergebnis, dass es für 22 Prozent und damit für 259 von 1.170 von der GEIPAN untersuchten Ereignissen, bei denen zivile Bürger, aber auch Polizisten und sogar Militärs Dinge am Himmel über Frankreich gesehen haben, bis zum heutigen Tag keine ausreichende Erklärung gibt.
21 Länder
Ähnlich offizielle Untersuchungen des UFO-Phänomens gibt es nachweislich in 21 Ländern rund um den Globus, darunter in den USA, in Großbritannien, Spanien, der Schweiz, in Australien, Russland und Argentinien. Die deutsche Regierung dagegen hält ihre UFO-Akten weiter unter Verschluss – auch wenn niemand davon ausgehen kann, dass die von den Nachbarstaaten dokumentierten unbekannten Flugobjekte an der Staatsgrenze zur Bundesrepublik haltmachen werden …
Wirtschaftsspionage
„Ich würde Snowden gern eine Kugel in den Kopf jagen.“ Es sind deutliche Worte, die ein Pentagon-Mitarbeiter im Januar 2014 gegenüber der „New York Times“ findet. Seit der ehemalige NSA-IT-Techniker Edward Snowden 1,7 Millionen als topsecret eingestufte Dateien aus den Archiven des Geheimdienstes kopiert hat und dieses verbotene Wissen nun der ganzen Welt zugänglich macht, gilt der mittlerweile 32-Jährige in Amerika als Staatsfeind Nr. 1. Aber was genau macht die NSA, die National Security Agency, so nervös? Wovor fürchtet sich die US-Regierung wirklich? Denn eigentlich sind die Enthüllungen über abgehörte Politikerhandys und angezapfte Internetprotokolle für die USA eher zweitrangig. Viel brisanter sind dagegen die Informationen, die Snowden für die kommenden Monate angekündigt hat. Demnach befinden sich die USA mithilfe der NSA seit Jahrzehnten auf einem milliardenschweren Raubzug durch Europa, allen voran durch Deutschland. Was niemand erfahren soll: Tatsächlich ist die Wirtschaftsspionage eines der Haupttätigkeitsfelder des amerikanischen Geheimdienstes. Im Januar 2014 kündigte Snowden an, diese Aussage belegen zu wollen. Aber was würde diese Enthüllung bedeuten?
moderne Raubzüge
Experten schätzen, dass deutschen Unternehmen jedes Jahr etwa 100 Milliarden Euro durch Wirtschaftsspionage verloren gehen, weil Informationen über neue Technologien und Entwicklungen der Konkurrenz im Ausland in die Hände fallen. Bis vor kurzem haben selbst deutsche Fachleute angenommen, dass die Gefahr vor allem von China und Russland ausgeht. Nun ist klar, dass auch die NSA ein Global Player der Wirtschaftsspionage ist. Und was sich die USA von diesem Raubzug erhoffen, lässt sich in einem als geheim qualifizierten Papier nachlesen, das auf der Internetplattform Cryptome veröffentlicht wurde.
30 Millionen Dollar für Spionage
Dort ist als eine Mission der nachrichtendienstlichen Informationsgewinnung (kurz: SIGINT) für die Jahre 2007 bis 2013 genannt: technologische Überraschungen durch andere Staaten verhindern. Demnach ist das Ziel der NSA-Spionage, Innovationen abzugreifen, die zur militärstrategischen oder ökonomischen Überlegenheit anderer Länder führen könnten. Aufgeführt sind Computer- und Informationstechnologie sowie Waffen-, Luftfahrt- und Nanotechnologie. Die NSA sieht dabei als eines der Herkunftsländer solcher neu entstehenden technologischen Bedrohungen ausdrücklich auch Deutschland. Insider sind überzeugt: Nur so konnten die amerikanischen Unternehmen mit den Entwicklungen im Ausland mithalten. Sie wären sonst im internationalen Vergleich längst abgeschlagen. Dies wiederum erklärt, warum die US-Regierung bis zu 30 Milliarden Dollar pro Jahr für die Spionage der NSA bereitstellt. Und es erklärt, warum einige Mitarbeiter im Weißen Haus Edward Snowden lieber tot sehen wollen.
digitaler Blackout
Es ist das große Ziel vieler Terroristen, das Internet auszuschalten und die Welt mit einem digitalen Blackout ins Chaos zu stürzen. Aber was würde wirklich passieren, wenn die Menschheit wieder offline wäre? Wie würden wir den globalen Internetkollaps erleben? Klar ist: Das Handynetz wäre umgehend lahmgelegt, weil zu viele Menschen gleichzeitig telefonieren wollten. Auf den Straßen käme es in den ersten Minuten zu Zigtausenden Unfällen, da auch die Ampelschaltung vielerorts online gesteuert wird. Nach ein paar Stunden würden Logistik und Handel aussetzen, Apotheken und Supermärkte würden keine Waren mehr bestellen können, die Börsen würden zusammenbrechen. Experten rechnen damit, dass es mehrere Tage dauern könnte, bis man das Netz wieder hochgefahren bekäme. Der IT-Berater Sebastian Schreiber schätzt das Schadensvolumen bei einem Offline-Tag auf zehn Prozent des täglichen Welthandels – also auf etwa 200 Milliarden Dollar.
der Super Gau
Das Szenario und die Schadensprognosen zeigen: Das Internet ist heute Bestandteil lebenswichtiger Komponenten unseres alltäglichen Lebens. Verkehrssteuerung, Gesundheitswesen, Rettungsdienste – sie alle sind vernetzt. „Damit wird das Internet zum Rückgrat aller anderen kritischen Infrastrukturen“, so Prof. Dr. Max Mühlhäuser, Chef des Telecooperation Lab der TU Darmstadt. Und so könnte die Überzeugung vieler Menschen, dass sie auch offline gut durchs Leben kämen, ein gefährlicher Irrtum sein. Dennoch gibt es trotz dieser möglichen Auswirkungen keinen offiziellen Notfallplan der deutschen Bundesregierung – als zu unwahrscheinlich gilt wohl die Katastrophe. Dabei ist ein globaler Internetausfall keinesfalls unmöglich. Einen Internet-GAU nicht völlig ausschließen will man auch im weltgrößten Maschinenraum des Netzes, dem German Internet Exchange (DE-CIX) in Frankfurt am Main. „Es ist gefährlich, zu sagen, ein großflächiger Internet-Blackout wäre nicht möglich“, sagt Professor Mühlhäuser. „Spätestens seit 9/11 wissen wir: Es gibt Szenarien, die erst in unseren Denkhorizont geraten, wenn sie passieren. Meines Erachtens sollte staatlicherseits das Szenario eines Internet-Blackouts mit seinen Folgen gründlicher untersucht werden.“
amerikanischer Drohnenkrieg
„Wir nutzen keine US-Militärbasen in Deutschland, um von hier aus Drohnenangriffe im Zuge unseres Antiterrorkriegs zu fliegen.“ Bei seinem Deutschlandbesuch am 6. Juni 2013 bezog US-Präsident Barack Obama deutlich Stellung zu den Gerüchten, dass von Stuttgart und Ramstein aus Drohnenangriffe in Pakistan und Nordafrika gesteuert würden. Und auch die deutsche Bundesregierung erklärte kurz darauf, dass „keine eigenen gesicherten Erkenntnisse zu von US-Streitkräften in der Bundesrepublik Deutschland geplanten oder geführten Einsätzen“ vorlägen. Es gebe „keine Anhaltspunkte“, dass sich die USA auf deutschem Staatsgebiet völkerrechtswidrig verhalten hätten. Aber welche Rolle spielt Deutschland wirklich in dem US-amerikanischen Drohnenkrieg, der seit Beginn 2002 mehr als 4.000 Menschen das Leben gekostet hat, darunter mindestens 1.000 Zivilisten? Wie wahr sind die Aussagen des US-Präsidenten?
Ramstein
Tatsächlich hat Barack Obama bei seiner Aussage nicht gelogen. Sämtliche Drohnen werden in Dschibuti, Saudi-Arabien, Pakistan oder Afghanistan gestartet. Gelenkt werden sie von Piloten, die in kleinen Kommandoräumen in New Mexico und Florida sitzen. Was der Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte jedoch verschweigt: Ohne die US-Stützpunkte und Satellitenanlagen in Ramstein, Kaiserslautern-Vogelweh und Stuttgart wären die Drohnenkrieger blind. Eine besondere Rolle spielt dabei der 5.000 Quadratmeter große Kampfeinsatzraum der rheinland-pfälzischen US-Basis Ramstein – das sogenannte Air and Space Operations Center, kurz AOC. Mit 1.500 Computern und 650 Soldaten ist dieser Hochsicherheitsbereich die Steuerzentrale des US-Luftkriegs in Afrika; hier und in der Africom-US-Zentrale in Stuttgart werden alle Daten, Bilder und Informationen der fliegenden Drohnen gesammelt und an die Piloten und letztendlich an Präsident Obama weitergeleitet. Das bedeutet: Hier werden die „Ziele nominiert“, die jeden Dienstag dem Präsidenten vorgelegt werden. Sobald Obama das Hinrichtungsdokument unterschreibt, ist die Zielperson zum Abschuss freigegeben.
unnötige Debatten
Aktuell veröffentlichte Dokumente zeigen jetzt: Ohne diese US-Militärbasen in Deutschland wäre der Drohneneinsatz der Amerikaner nicht umsetzbar. Und die Bundesregierung? War sie wirklich so ahnungslos, wie sie beteuert hat? Hierzu gibt es eine interessante Aussage eines deutschen Regierungsbeamten, der die Amerikaner bittet, „die Sache mit den Drohnenkommando-Basen in Deutschland nicht großzufahren“. Er wird in einem US-Dokument wie folgt zitiert: „Das würde nur Anlass zu Schlagzeilen in der Presse geben und zu einer unnötigen öffentlichen Debatte führen.“
Experimente an Menschen
Wie effektiv wäre eine Armee, wenn die meisten Soldaten 40 Grad Fieber hätten? Wenn sie von Schüttelfrost gezeichnet wären? Welche Siege könnte eine Streitmacht erringen, die unter Halluzinationen litte? Die mit Lähmungen und Krämpfen zu kämpfen hätte? Genau diese Gedanken gingen den Wissenschaftlern der Waffen-SS durch den Kopf, als sie ihre menschenverachtenden Experimente an Häftlingen im Konzentrationslager Dachau durchführten. Lange dachte man, die Nazis hätten nie an Biowaffen geforscht. Tatsächlich wollten Biologen in Dachau aber eine Mückenart züchten, die so lange ohne Blutmahlzeit am Leben bleibt, dass man sie hinter die Front transportieren kann, um die alliierten Truppen mit Malaria zu infizieren. Diese Entdeckung veröffentlichte im Dezember 2013 der Insektenforscher Klaus Reinhardt – er wirft damit ein ganz neues Licht auf die Machenschaften der Nazis und enthüllt nach fast sieben Jahrzehnten ein weiteres Kapitel der NS-Verbrechen.
Biowaffen
So wertete der Mitarbeiter des Instituts für Evolution und Ökologie der Universität Tübingen bislang unbeachtete Unterlagen aus und stellte fest, dass die Nazis die Häftlinge in den Konzentrationslagern nicht nur mit Malaria infizierten (was bereits bekannt war), sondern auch an der Weiterentwicklung der Mücken arbeiteten. Dies sei laut Reinhardt ein klares Indiz dafür, dass die Nazis auch an sogenannten B-Waffen forschten. Warum diese nicht zum Einsatz kamen, hat laut Reinhardt zwei Gründe: Zum einen waren die Insektenforscher im KZ Dachau eher Hobbybiologen, zum anderen hielt selbst Adolf Hitler den Einsatz von B-Waffen letztendlich für zu unberechenbar.
John F. Kennedy
Einzeltäter, Auftragskiller, Geheimdienstkomplott – um kaum ein anderes Ereignis ranken sich bis heute so viele Mythen und Ungereimtheiten wie um das Attentat auf den US-Präsidenten John F. Kennedy am 22. November 1963. Dementsprechend gespannt blicken viele Menschen auf den 1. Januar 2017. Es ist der Tag, an dem die US-Regierung die letzten etwa 1.100 unter Verschluss gehaltenen Dokumente der Kennedy-Untersuchungskommission für die Öffentlichkeit zugänglich machen will. Das Problem: Die CIA behält sich vor, „die Akten, die Geheimdienstoperationen oder Beziehungen zu anderen Staaten gefährden“, weiterhin zu zensieren, Absätze zu schwärzen oder ganze Seiten zurückzuhalten. Aber welches Wissen ist so gefährlich, dass seine Veröffentlichung auch 54 Jahre nach seiner Entstehung noch verboten ist?
geheime Akten
Genau diese Frage stellten sich auch die Enthüllungsjournalisten Jefferson Morley und Anthony Summers. In mehreren Interviews mit Insidern und Zeitzeugen sowie nach der Sichtung von Tausenden geheimen Dokumenten fanden sie heraus: Bereits im Sommer 1963, vier Monate vor dem Attentat, hatte sowohl die CIA als auch das FBI Lee Harvey Oswald als potenziellen Terroristen auf dem Radar. Der Grund: Oswald gründete zu der Zeit eine Gruppe, die den Sozialisten und Staatsführer von Kuba, Fidel Castro, unterstützen wollte. Trotz der Warnungen ihrer Agenten unternahmen die CIA-Verantwortlichen jedoch nichts. Und auch vor dem Untersuchungsausschuss zum Kennedy-Mord, der sogenannten Warren-Kommission, gab die CIA an, keinerlei Informationen über Lee Harvey Oswald vor dem Attentat gehabt zu haben. Die Ermittlungen von Morley und Summers ergeben jetzt jedoch ein anderes Bild. Spätestens nach diesen Enthüllungen wird klar, warum die CIA sich das Recht vorbehält, bestimmte Akten zu zensieren bzw. gar nicht erst freizugeben. Die Inhalte würde die Agency stark belasten – die nationale Sicherheit, wie von der CIA angegeben, wäre dagegen wohl kaum gefährdet.
Sprengstoffe und Munition
Terry Long genießt die Stille. Scheinbar schwerelos taucht er durch die Riffe der Atlantikküste vor seiner kanadischen Heimatinsel Nova Scotia. Hier ist er der Natur ganz nah – und weit weg von seinem ehemaligen Job als kanadischer Militärexperte für Sprengstoffe und Munition. Das zumindest denkt Long. Bis er plötzlich am Meeresboden eine merkwürdige Felsformation entdeckt. Erst als er näher herantaucht, wird ihm klar, was wirklich dort liegt: Es sind Dutzende Raketen und Bomben, aneinandergereiht und teilweise schwer beschädigt. In diesem Moment holt den Forscher seine Vergangenheit ein – und Long erkennt: Er ist auf etwas gestoßen, über das niemand etwas erfahren sollte …
Mülldeponie unter Wasser
Heute weiß Terry Long: Die nordöstliche Atlantikküste von Amerika ist eine der größten und gefährlichsten Mülldeponien der Welt – nur dass man sie nicht sieht. Nachdem er durch Zufall auf die unterseeischen Munitionsfeldern gestoßen ist, beginnt der Kanadier zu recherchieren – und wird fündig: Im Archiv des US-amerikanischen Verteidigungsministeriums fallen ihm Dokumente in die Hände, die eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind.
nukleares Gift
Longs Entdeckung ist verbotenes Wissen, das die US-Regierung lange Zeit geheim halten wollte. Heute ist klar: Für die adäquate Entsorgung von Atommüll fehlten den Amerikanern nach dem Zweiten Weltkrieg die Technologie – und das Geld. Millionen von Bomben und Granaten wurden einfach in den Atlantik gekippt. Terry Long schätzt, dass allein vor Nova Scotia bis zu einer Million Tonnen Kampfmittel versenkt wurden, von denen nur ein Bruchteil dokumentiert ist. Welche Auswirkungen das für das Naturparadies der amerikanischen Ostküste hat, konnte bis heute nicht erforscht werden. Wissenschaftler vermuten jedoch, dass das Gift der nuklearen Abfälle im Ozean längst seinen Weg in die Nahrungskette gefunden hat. Fakt ist: Die Krebsrate der Bevölkerung von Nova Scotia ist sechs Prozent höher als die durchschnittliche der restlichen Bevölkerung Kanadas.
„Die Wahrheit kann auch eine Keule sein, mit der man andere erschlägt.“Anatole France, Schriftsteller
Tatsächlich ist die Wahrheit genau diese unberechenbare Waffe, deretwegen Regierungen mit allen Mitteln verhindern, dass bestimmte Informationen an die Öffentlichkeit gelangen. Was passiert, wenn die Geheimhaltung ein Leck bekommt, zeigt sich an vielen Beispielen der Geschichte: US-Präsident Richard Nixon und der Watergate-Skandal, Bundeskanzler Willy Brandt und die Guillaume-Affäre – beide Politiker traten aufgrund von Enthüllungen vom Amt zurück, und die Geheimhaltung der Akten sollte in erster Linie Beteiligte und Informanten schützen. Andere Dossiers zeugen von der Zusammenarbeit von Regierungen mit Terroristen, sie beweisen die wahren Absichten von Herrschern oder verraten kriminelle Machenschaften.
Welche Akten noch immer geheim sind
eigentlich der höchsten Geheimhaltungsstufe unterliegen und aktuelle Regierungen betreffen, das zeigt derzeit Americas Most Wanted, der neue Staatsfeind Nr. 1 der USA: Edward Snowden. Der ehemalige Mitarbeiter des amerikanischen Geheimdienstes NSA ist im Besitz eines ganzen Arsenals an verbotenem Wissen. Genauer gesagt: 1,7 Millionen Dateien, die als topsecret eingestuft sind. Und eben deren Inhalte macht der 30-Jährige der Weltöffentlichkeit zugänglich. Die Folge ist ein politisches Megabeben, dessen Auswirkungen noch andauern. Die Geschichte schlägt einen neuen Weg ein. Einen, der ohne diese Enthüllungen nie beschritten worden wäre. Experten sind sogar überzeugt: Snowdens bisherige Veröffentlichungen sind nur die Spitze des Eisbergs. Tatsächlich hat er bereits weitere Enthüllungen angekündigt. Und diese haben offensichtlich hochexplosive Inhalte. Entsprechend hat der Whistleblower (von engl.: to blow the whistle (dt.: durch die Trillerpfeife blasen); gemeint ist ein Insider, der skandalöse Informationen nach außen gibt) Hunderte Morddrohungen erhalten. Glaubt man jedoch Winston Churchill, wäre ein Mord an Snowden vergebens. Denn bisher hat die Geschichte gezeigt: Je größer ein Geheimnis ist, desto mehr Mitwisser gibt es. Und je mehr Menschen die Wahrheit kennen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass einer sie ausspricht.