Millionenfach verbreiten sich vermeintlich niedliche Inhalte weltweit unter Nutzer:innen und regen vielfach sogar zur Nachahmung an – meist gänzlich ohne Eingreifen der sozialen Netzwerke, wie eine aktuelle Stichprobe der Welttierschutzgesellschaft (WTG) belegt.
Die Meldefunktion vieler sozialer Netzwerke ist ineffektiv
Über einen definierten Zeitraum wurden von der WTG hunderte der neuesten Tierbeiträge mit Hilfe beliebter Hashtags wie #funnyanimals oder #animalsoftiktok auf TikTok, YouTube sowie Instagram ermittelt und geprüft. Sämtliche Beiträge mit erkennbarem Tierleid ohne informativen oder dokumentarischen Zweck wurden an die Moderator:innen-Teams der jeweiligen Netzwerke gemeldet. Doch kein einziger Beitrag wurde gelöscht.
„Das ist nur ein kleiner Ausschnitt des Alltäglichen: Die sozialen Netzwerke werden ihrer Verantwortung nicht gerecht und bieten Tierleid eine Plattform“, sagt Wiebke Plasse, Leiterin Kommunikation bei der Welttierschutzgesellschaft. Das Grundproblem: In den Gemeinschaftsstandards, die Nutzer:innen und Moderator:innen-Teams der Netzwerke anleiten, spielt Tierleid entweder keine oder nur eine sehr untergeordnete Rolle. „Darin zählt meist nur der Missbrauch von Tieren oder die rohe Gewalt gegen sie als Tierleid. Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs“, so Plasse weiter.
Ein Beispiel ist TikTok, das derzeit am schnellsten wachsende soziale Netzwerk in Deutschland: In 54 Prozent der 199 untersuchten Beiträge mit Tieren wurde mindestens eine Form von Tierleid dargestellt. Die Welttierschutzgesellschaft zählt dazu auch Videos wie sie unter #CatTapeChallenges gezeigt werden.
Von Pfoten mit Klebeband bis zu Wildtieren in Heimtierhaltung
Katzen wird dabei Tape unter die Pfoten geklebt, sodass sie diese aufgrund einer gestörten Wahrnehmung hochheben. Ebenso bedenklich sind Darstellungen von Qualzuchten: schwer atmenden Hunde oder kleinwüchsige Katzen werden unter Hashtags wie #trynottolaugh gezeigt. Ebenfalls häufig sind Aufnahmen von Wildtieren in privater Haustierhaltung – in Deutschland ein klarer Tierschutzverstoß.
Weitere Tierleid-Stichproben zeigen ähnliche Ergebnisse: Bei Instagram wurde Tierleid bei 38 Prozent der 136 untersuchten neuesten Tierbeiträge festgestellt, bei YouTube waren es unter den aktuellsten 182 Beiträgen 39 Prozent. Die unkontrollierte Verbreitung von Bild- und Filmmaterial, das offensichtliches Tierleid transportiert, sind ein erschreckendes Beispiel dafür, dass die großen Internetplattformen offenbar nicht bereit dazu sind, einer Verantwortung gerecht zu werden, die ihnen als Massenverbreiter privater Inhalte obliegt.