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Wenn nichts mehr geht: Der Kampf mit dem Burn-out-Syndrom

Foto: iStock / SamuelBrownNG

Wenn nichts mehr geht: Der Kampf mit dem Burn-out-Syndrom

Absolute Erschöpfung – Millionen Deutsche leiden am Burn-out-Syndrom. Doch wie kommt es dazu, dass jemand „ausbrennt“ und wie kann Betroffenen geholfen werden?

Man fühlt sich schon morgens ausgepowert, völlig kraftlos und kommt nicht aus dem Bett. Die Lust an der Arbeit ist längst dem Frust gewichen. Nichts macht mehr Spaß, alles ist nur noch anstrengend und ermüdend. Mühsam schleppen sich die Betroffenen durch den Tag – sie fühlen sich „ausgebrannt“. Von selbst löst sich dieses Problem nicht: Bei Burn-out handelt es sich um eine Krankheit, die professionell behandelt werden muss. 13 Millionen Arbeitnehmer in Deutschland sind nach Schätzungen von Gesundheitsexperten und Krankenkassen von Burn-out betroffen. Alarmierend ist, dass die Zahl der Betroffenen immer weiter steigt.

Der Weg zum Zusammenbruch

Marc Bergermann, 38 Jahre alt. Beruf: Architekt. Verheiratet, ein Kind. Marc könnte glücklich sein. Wenn da nicht diese innere Unruhe wäre. Die Nacht ist für ihn ein Albtraum. Sein Gehirn läuft auf Hochtouren. Quälende Gedanken jagen durch sein Unterbewusstsein. Etwas stimmt nicht mit Marc. Er fühlt sich elend. Sein Puls rast, unerträgliche Kopfschmerzen quälen ihn. Es kostet ihn unendlich viel Kraft, sich auf den Beinen zu halten. Vergebens! Marc wird schwarz vor Augen. Er kann nicht mehr – bricht zusammen. Marc ist ausgebrannt. Sein Körper signalisiert: Aus. Ende. Burn-out!

Im Rückblick: Ein typischer Krankheitsverlauf

Zwei Jahre zuvor: Marc hastet von Termin zu Termin. Er ist ständig im Stress und spürt nicht, wie er seine Kraftreserven langsam aufbraucht. Und: Er ahnt nicht, dass sich Dramatisches in seinem Inneren abspielt: Sein Körper beginnt gerade damit, sich selbst zu vergiften. Seine Nebennierenrinde schüttet eine geringe Dosis Cortisol aus. Cortisol ist ein Stresshormon, eine Substanz mit zerstörerischer Wirkung. Sie verteilt sich über das Blut im ganzen Körper. Marc fühlt sich deshalb ständig müde. Diese ersten Alarmzeichen eines drohenden Burn-outs ignoriert er. Durchhalten, lautet seine Parole. Und er stresst sich weiter.

Die Konsequenz: Das Stresshormon setzt seinen Weg durch den Körper fort. Es steuert die Hoden an und hemmt die Produktion von Testosteron, des männlichen Sexualhormons. Das bekommt Marc zu spüren. Er ist lustlos, sein Liebesleben erlahmt. So wie in diesem fiktiven Fall geht es vielen Menschen: Sie ignorieren die Signale des Körpers. Obwohl sie eindeutig sind.

Die Lebensfreude erlischt

Marc lebt sein ungesundes Leben weiter. Zigaretten, Kaffee, Süßigkeiten – so will Marc Kraft tanken und durchhalten. Doch das Gegenteil ist der Fall: Marc schadet seinen Organen und steuert immer weiter auf den Abgrund zu.

Denn das zerstörerische Cortisol wandert auch zur Bauchspeicheldrüse und bringt die Insulinproduktion aus dem Gleichgewicht. Magenbeschwerden sind die Folge. Außerdem stoppt das Cortisol die Bildung von Serotonin, des Glückshormons. Marcs Lebensfreude lässt nach, er wird depressiv.

Überhörte Warnsignale

Warum produziert der Mensch Cortisol? Einen Stoff, der für den eigenen Körper so zerstörerisch ist? Was hat sich die Natur dabei gedacht? Die Antwort liegt weit zurück – in der Steinzeit. Unsere Vorfahren waren Jäger. Für sie war es lebenswichtig, beim Jagen in Topform zu sein. Ihr Körper schüttete deshalb das Stresshormon Adrenalin aus. Es sorgte dafür, dass der Jäger kurzfristig sehr leistungsfähig, schnell und hoch konzentriert war. Wenn dieser aber schwer erkrankte, schüttete der Körper Cortisol aus. Die Folge: Der Jäger wurde sehr müde. Das Cortisol verhinderte also, dass der geschwächte Mensch auf die Jagd ging. Er sollte zu Hause bleiben und sich schonen. Auch für uns heute gilt: Das Cortisol dient als Schutzmechanismus vor Überlastung.

Schließlich ist die Cortisolvergiftung nicht mehr aufzuhalten

Doch wir, die sogenannten Zivilisationsmenschen, wir stressen uns und bemühen uns, die Warnsignale unseres Körpers zu unterdrücken. Auch Marc quält sich weiter, versucht sich zu motivieren und befiehlt seinem Körper einfach durchzuhalten. Bis es endgültig zu spät ist: Marc hat alle Warnzeichen seines Körpers ignoriert. Die Cortisolvergiftung ist nicht mehr aufzuhalten. Der Stoff hat das Gehirn erreicht.

Das Cortisol dringt nun in die sensiblen Bereiche des Gehirns vor und blockiert dort die so genannten Synapsen. Diese Nervenverbindungen sind dafür verantwortlich, dass unsere Gedanken blitzschnell übertragen werden, dass wir uns erinnern und kreativ denken können. All das, was ein Mensch täglich unbewusst nutzt. Das Cortisol legt Marcs Denken lahm, seine Geistesblitze erlöschen.

Stress und Burn-out sind nicht dasselbe

Dagmar Ruhwandl ist Psychotherapeutin in München. Sie hat sich auf die Behandlung des Burn-out-Syndroms spezialisiert. Jung, dynamisch, erfolgreich – das trifft auf die meisten betroffenen „Karrieretypen“ zu. Auf dem Weg zum Erfolg haben diese Menschen vergessen, auf sich selbst zu hören. Die meisten von ihnen können den vielen Stress, dem sie sich ausgesetzt haben, nicht verarbeiten. Oft ist eine falsche Stressverarbeitung der Grund für ein Burn-out-Syndrom.

Laut Dr. Ruhwandl sind Stress und Burn-out nicht dasselbe. In der Regel ist zwar Stress beteiligt, wenn es zu einem Burn-out-Syndrom kommt, aber er ist nicht die einzige Ursache. So spielt etwa auch der Persönlichkeitstypus eine Rolle, die Erwartungen, die man an den Beruf stellt, und natürlich die konkreten Bedingungen am Arbeitsplatz. Das alles ist nicht direkt Stress – aber der Umgang mit Stress ist ein entscheidender Faktor, der zum Burn-out führt.

Das Therapieangebot für Burn-out-Betroffene ist groß. Oft dauert es eine Weile, bis der Betroffene das Richtige für sich gefunden hat, da die Ursachen und Symptome bei jedem Menschen verschieden sind. Doch die Heilungschancen sind recht gut. Je eher eine Therapie beginnt, desto besser.

Bei fortgeschrittenem Burn-out hilft nur noch eine Psychotherapie

Bei einem noch nicht so fortgeschrittenen Stadium können Entspannungstechniken wie Yoga, Meditation, Autogenes Training, Muskelentspannung nach Jakobson, Tai Chi, Qi Gong, Farbtherapie, Akupunktur und Akupressur helfen. Ist man allerdings bereits in der letzten Burn-out-Phase, der Leistungseinschränkung, angekommen, braucht man meist eine längere, verhaltenstherapeutisch oder tiefenpsychologisch orientierte, Psychotherapie. Denn der Grund für die oft übersteigerten beruflichen Erwartungen liegt laut Dr. Ruhwandl oft in der Kindheit. Eine solche Therapie dauert zwischen einem halben bis anderthalb Jahre.

Am besten ist es aber natürlich, es gar nicht bis zum Zusammenbruch kommen zu lassen. Jeder sollte sich bewusst sein, dass sein Körper nicht unbegrenzt leistungsfähig ist. Und dass die Folgen einer Überlastung nicht sofort auftreten müssen, sondern sich ein Burn-out auch erst später einstellen kann.

Viel Obst und Gemüse, wenig Fett

Grundsätzlich gilt es also, für die eigene Gesundheit nachhaltig vorzusorgen: Etwa auf seine Ernährung zu achten, indem man zum Beispiel fünfmal am Tag Obst und Gemüse isst. Außerdem sollte man wenig Salz und stattdessen lieber Kräuter zum Würzen verwenden. Wichtig ist auch, wenig Fett zu sich zu nehmen, denn zusätzliche Kilos belasten den Kreislauf. Und Fertigessen sollte man möglichst meiden: Stabilisatoren, Konservierungsstoffe und jede Menge Zucker schaden dem Körper. Zudem ist darauf zu achten, ausreichend Wasser zu trinken.

Licht macht uns fit

Um Stress abzubauen, eignet sich besonders regelmäßige Bewegung, vor allem Ausdauersport. Dazu sollte man so oft wie möglich an die Sonne und an die frische Luft gehen, um die Melatonin-Produktion im Körper zu stoppen. Dieses Hormon entfaltet normalerweise nachts seine Wirkung und sorgt dafür, dass wir gut schlafen können. Fällt tagsüber Licht ins Auge, wird die Ausschüttung des Melatonins eingestellt – wir fühlen uns fit.

Unverzichtbar ist auch, Vorsorgeuntersuchungen beim Arzt wahrzunehmen. So hat man die Sicherheit, dass keine körperlichen Probleme im Anzug sind. Und kann sich unter diesen Voraussetzungen durchaus gelegentlich belasten – vorausgesetzt man gibt sich selbst immer wieder die Möglichkeit zu regenerieren und zu entspannen.

 
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