Es schadet nicht nur der Umwelt, sondern soll auch Allergien auslösen und Krebs verursachen – sogar die Queen hat es mittlerweile aus einigen Bereichen des Buckingham-Palasts verbannt. Die Rede ist von Plastik. Aber ist es wirklich so gefährlich?
Porzellanteller, Gläser oder Silberbesteck – was nach einem ganz gewöhnlichen Tischgedeck klingt, ist im Alltag längst kein Regelfall mehr. Denn gerade bei dem arbeitenden Teil der Bevölkerung muss es vor allem mittags ganz schnell gehen: Dann eignet sich in der kurzen Pause das Curry-Gericht vom nächsten Foodtruck oder das Mittagsmenü to go vom Asiaten um die Ecke – sicher eingepackt im Plastikbehälter mit passendem Plastikbesteck. Und selbst, wenn man den Kaffee danach aus einem Papierbecher trinkt, so ist der Deckel, das Rührstäbchen oder der Strohhalm doch meistens wieder aus Kunststoff.
Sogar Queen Elizabeth möchte das nun ändern und hat sich dafür eingesetzt, dass in Cafés und Verpflegungsräumen auf dem königlichen Anwesen jegliches Plastik eliminiert wird. Eine Dokumentation über die Verschmutzung der Meere mit Plastik soll die Königin dazu veranlasst haben. Die Vermüllung der Erde ist eine Sache – aber welche Gefahrenstoffe lauern eigentlich in Kunststoff und was richten sie mit unserer Gesundheit an?
Bisphenol A: Wirkt wie ein weibliches Hormon
Die Chemikalie Bisphenol steckt in Lebensmittelverpackungen, CDs und Plastikgeschirr; in Babywaren wie Flaschen und Schnuller ist sie mittlerweile verboten – EU-weit. Denn gerade für Neugeborene und Kleinkinder ist der Umgang mit Bisphenol A kritisch: Der kleine Körper kann – im Gegensatz zu dem eines Erwachsenen – nicht wieder in seinen Normalzustand zurückkehren. Der Schaden ist sozusagen irreparabel.
Aber was bewirkt die Chemikalie im Körper? Bisphenol A wirkt hier wie ein weibliches Hormon und das kann fatale Folge haben: Männliche Kinder können im Erwachsenenalter eine geringere Spermienzahl aufweisen und bei Mädchen kann die Periode früher einsetzen. Außerdem treten Allergien und bestimmte Krebsarten heute bei Kindern häufiger auf. Experten gehen davon aus, dass das mit dem häufigen Gebrauch von Plastik zusammenhängen könnte.
Phthalate: Verändern die genetische Information
Phthalate sind Weichmacher, die beispielsweise in Folien, Fußbodenbelägen, Sport- und Freizeitartikeln stecken können. Über Ausdunstung gelangen sie in die Umwelt und in unseren Körper, wo sie beispielweise unser Gehirn oder Immunsystem verändern können. Zwar ist noch nicht bekannt, was die Chemikalie genau im Körper anrichtet, aber Experten warnen, dass sie auch krebserregende, hormonähnliche und fortpflanzungsgefährdende Eigenschaften haben. Vor allem Diethylhexylphthalat (DEHP), das lange Zeit am häufigsten verwendete Phthalat, stand aufgrund seiner gefährlichen Wirkung in der öffentlichen Diskussion und wurde mittlerweile in Babyartikeln, Spielzeug und Kosmetika verboten.
Dem Umweltbundesamt zufolge seien die Aufnahmemengen aus den verschiedenen Quellen allerdings so niedrig, dass keine Gefahr bestehe: „Sie liegen unterhalb der Menge, die täglich ein Leben lang ohne gesundheitliches Risiko aufgenommen werden kann, ohne dass eine gesundheitsschädliche Wirkung eintritt.“ Allerdings könne für einen geringen Teil der Bevölkerung nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass die gesundheitlich tolerierbaren Aufnahmemengen überschritten werden.
Entwarnung für Kinderspielzeug und PET-Flaschen?
Auch die Weichmacher mit dem komplizierten Namen Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs) sind kritisch. Sie sind in vielen Kunststoffen wie Kabel, Wasserbällen, Gummistiefeln oder Badelatschen enthalten. PAKs sollen Lungen- und Hautkrebs fördern, das Erbgut verändern und entwicklungsschädigend sein. Gerade bei Kinderspielzeugen sollte man daher darauf achten, dass die Chemikalie nicht enthalten ist. Das GS-Siegel (geprüfte Sicherheit) bestätigt zumindest, dass Grenzwerte nicht überschritten wurden.
Auch die PET-Flasche hat den Ruf, Weichmacher zu enthalten. Das ist jedoch ein Irrglaube – PET steht für Polyethylenterephthalat, ein Kunststoff, der auch in anderen Lebensmittelverpackungen steckt. Die teils hormonähnlich wirkenden und viel diskutierten Phthalate dagegen werden nicht bei der Flaschenherstellung eingesetzt. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) gibt im Hinblick auf die Getränkeflaschen Entwarnung: „Der Vergleich zwischen Mineralwässern aus PET-Flaschen und solchen aus Glasflaschen zeigte keinen Unterschied hinsichtlich der in Zellkulturen gemessenen östrogenen Aktivität.“ Es ist also nicht davon auszugehen, dass der – ohnehin geringe Anteil – der hormonähnlichen Substanz auf die Plastikflaschen zurückzuführen sei.
Alternativen: Geschirr aus Bambus und Mais
Viele Umweltbewusste möchten ganz sichergehen und bringen neuerdings ihren eigenen wiederverwendbaren Coffe to go-Becher aus Bambus oder Maisstärke mit und lassen ihn im Café auffüllen. Und auch Teller, Schüsseln und Besteck aus diesem Material sind vor allem bei Familien mit Kindern sehr beliebt – sie sind leicht, gehen nicht kaputt und haben gleichzeitig den Ruf, schadstofffrei zu sein. Obendrein sind sie auch noch spülmaschinenfest. Doch was genau steckt hinter dem Öko-Trend und wie sinnvoll ist diese Alternative?
Öko-Test hat das Geschirr aus Bio-Kunststoff genauer unter die Lupe genommen – das ernüchternde Ergebnis: Alle Produkte fielen durch, da sie nicht – entgegen der Angaben – ausschließlich natürliche Bestandteile enthielten. Demnach gelinge es bisher nur wenigen Produzenten, komplett auf Synthetik zu verzichten. „Hersteller vermischen Bambusfasern und Stärkepulver in der Regel noch mit Anteilen an Melaminharz (Melamin-Formaldehyd-Kondensationsharzen) oder Polylactat, um dem Material beständige Form und Festigkeit zu geben“, berichtet Öko-Test auf seiner Homepage.
Doch wie schädlich sind die synthetischen Zusätze? Problematisch sind die Grundstoffe von Melaminkunstharz, die sich beim Erhitzen lösen und in Essen und Getränke übergehen. So stuft die EU Formaldehyd als krebsverdächtig ein; Melamin soll die Nieren lebensbedrohlich schädigen, indem es Kristalle im Urin bildet. Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) Stuttgart sieht die Problematik aber weniger darin, dass die künstlichen Zusatzstoffe der Gesundheit schaden, sondern eher in der schwerwiegenden Täuschung des Verbrauchers: „Einzelne Produkte werden ausdrücklich als Alternative zu Melamingeschirr dargestellt, obwohl sie selbst einen erheblichen Anteil Melaminharz enthalten.“
#plastikfasten
Ob aus gesundheitlichen Gründen oder der Umwelt zuliebe: Jeder sollte versuchen, Plastik im Alltag weitestgehend zu vermeiden – denn immer noch trägt der bundesdeutsche Pro-Kopf-Ve
rbrauch Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) zufolge 37 Kilogramm im Jahr. 2015 waren das fast sechs Millionen Tonnen im Jahr, doppelt so viel wie noch im Jahr 1994.
Auf seiner Internetseite stellt der BUND ein paar Tipps zusammen, wie man im Alltag auf Plastik verzichten kann. Auf einer speziell für die Fastenzeit eingerichteten Social Wall sammeln sich alle Ideen, Stolpersteine und Tipps der teilnehmenden User. Ein Blick auf die Seite zeigt schnell: Ein kompletter Verzicht ist fast unmöglich, aber wer kreativ ist, kann in vielen Bereichen gegen die Müllberge ankämpfen. Oder wie eine Userin schreibt: „Beim #plastikfasten geht es ja auch nicht unbedingt um das perfekte Ergebnis […]. Es geht darum, bewusst zu konsumieren und sich Gedanken zu machen, ob es nicht auch Alternativen gibt.“
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