Eigentlich lügen Menschen, um das Zusammenleben mit anderen einfacher zu machen
Manchmal ist es nur eine winzige Bewegung, ein Augenblinzeln, kaum wahrnehmbar – und doch kann es helfen, einen Lügner zu enttarnen. Denn Menschen, die etwas verbergen, werden fast immer von ihrem eigenen Körper verraten.
Jeder Mensch lügt etwa zweimal am Tag. Um sich Ärger zu ersparen, um Anerkennung zu erlangen oder auch einfach aus Faulheit. Meist tun diese Lügen keinem weh, im Gegenteil: Sie können wichtig und gesund sein. Denn Menschen, die immer ehrlich sind, haben es im Alltag schwer und machen sich oft eher Feinde als Freunde.
Lügenforscher haben herausgefunden, dass wir in 50 Prozent der Fälle aus sogenannten prosozialen Gründen lügen, das heißt, um das Zusammenleben zu erleichtern. Geschickte Schwindler kommen also mit anderen besser aus.
Will sich der Lügner Vorteile erschleichen, können Lügen harte Arbeit sein
Problematisch werden Lügen dann, wenn sie gezielt eingesetzt werden, etwa um andere zu täuschen oder zu benachteiligen. Menschen, die solche skrupellosen Lügen einsetzen, sind meist nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht. Oder aber, sie wollen sich selbst ins rechte Licht rücken und beschuldigen lieber andere, als eigene Fehler einzugestehen.
Dabei ist Schwindeln gar nicht leicht. Es verlangt Scharfsinn und Beobachtungsgabe, viel Fantasie und ein gutes Gedächtnis, um anderen etwas vorzuspielen. Und: Lügen bedeutet Stress. Der Puls rast, die Schweißproduktion wird angekurbelt; wir werden nervös. Diese unwillkürlichen körperlichen Reaktionen helfen aber wiederum dabei, einen Schwindel aufzudecken – denn selbst für geübte Lügner sind sie nur schwer steuerbar.
Wo Lügen sichtbar werden
Am ehesten offenbaren sich Lügen direkt im Gesicht. 27 Muskeln steuern unsere Mimik, sodass wir zu über 7000 verschiedenen Gesichtsausdrücken fähig sind. Beim Lügen weiten sich unsere Pupillen, wir blinzeln häufiger; gleichzeitig runzeln wir die Stirn und weichen den Blicken unseres Gegenübers aus. Während ein normaler Gesichtsausdruck meist rund drei Sekunden gehalten wird, spielen sich diese unwillkürlichen spontanen Bewegungen innerhalb von Millisekunden ab und sind für das bloße Auge kaum sichtbar.
Schuld daran ist das Limbische System in unserem Gehirn, das für die Verarbeitung von Emotionen zuständig ist. Mit purem Willen lassen sich Mikrobewegungen kaum verhindern – deshalb gelten sie als Indikator für unterdrückte Gefühle. Der US-amerikanische Psychologe Paul Ekman hat in einem Großprojekt sämtliche sichtbaren Gesichtsbewegungen katalogisiert und darauf aufbauend ein Erkennungssystem, das Facial Action Coding System, entwickelt. Er glaubt, dass sich durch die Beobachtung ebendieser Mikrobewegungen Lügner überführen lassen.
Doch auch Körperbewegungen können Schwindler verraten. Wildes Gestikulieren mit den Händen etwa signalisiert: Hier sagt jemand die Wahrheit. Täuschungen dagegen erfordern hohe Konzentration, die Hände bleiben eher ruhig. Auch die Redeweise wirkt bei Lügnern oft übertrieben. Routinierte Lügner versuchen bewusst, diesen körperlichen Reaktionen entgegenzusteuern, was aber genauso unnatürlich wirkt.
Selbst Experten werden getäuscht
Doch auch mit diesem Wissen ist es alles andere als einfach, Lügnern auf die Schliche zu kommen. Der Grund dafür ist, dass Lügensignale nicht immer eindeutig sind und von Person zu Person variieren. Selbst Experten der Polizei oder des Geheimdienstes schätzen oft falsch ein, ob ein Verdächtiger die Wahrheit sagt oder nicht.
Gerade in Verhören können zum Beispiel auch Stress oder Nervosität Auslöser für unbewusste Gesichtsbewegungen sein. Und die Angst eines Lügners, entlarvt zu werden, sieht dann plötzlich genauso aus wie die Angst des Unschuldigen, dem nicht geglaubt wird. Wer also verstehen will, was in seinem Gegenüber vorgeht, sollte ihn deshalb über einen längeren Zeitraum hinweg beobachten und die Umstände miteinbeziehen. Im Optimalfall sollte er ihn gut kennen.
Online-Lügner haben es vorerst noch viel leichter
Gerade weil solche Signale im Internet viel schwieriger zu erkennen sind, als im echten Leben, haben Betrüger im Internet ein viel leichteres Spiel. Auch der Online-Chat per Video ist noch lange nicht so weit, dass wir die Bewegungen unseres Gegenübers so wahrnehmen, als stünden wir ihm Auge in Auge gegenüber. Entsprechend leichtgläubige Opfer vorausgesetzt, sind somit auch dermaßen extreme Fälle möglich, wie der des vorgeblichen ISS-Kosmonauten.